Das kostenlose Angebot für alle, das besondere Raumgefühl im Linzer Mariendom für eine Reise ins Innere zu nutzen, können wir nur jedem unserer Leserinnen und Leser ans Herzen legen. Entweder man erlebt das wunderschöne Ambiente des Morgens, wo um 6.15 Uhr der Dom je nach Jahreszeit noch im Dunkeln oder im Licht der ersten Sonnenstrahlen liegt. Oder man besucht eine Abendmeditation, wo man am Dienstagabend im Mariendom um 19.30 Uhr für eine kurze Zeitlang den Alltagsstress hinter sich lassen kann.
Eines haben diese einzigartigen Erlebnisse gemeinsam: Meditationsleiter Alois Mayer führt alle Anwesenden – jeder kann hinkommen, eine Voranmeldung ist nicht nötig – durch die spirituelle Reise ins Innere. Er war es auch, der diese regelmäßige Veranstaltung 1999 erstmals ins Leben gerufen hat: „Ich war damals als Pastoralassistent tätig und wollte meine inspirierenden Erfahrungen aus dem Europakloster Gut Aich weitergeben. Es war mir ein großes Anliegen, den Dom so zu bereiten, dass seine besondere Atmosphäre hervorgehoben wird und es diese den Menschen, die kommen, erleichtert, innezuhalten, bei sich zu sein, oder auch zu beten – mit Gott in Berührung zu kommen. Dieses einzigartige Ambiente wird zu einer Auszeit im Alltag, die jeder für sich selbst mit Sinn füllt“, freut sich Mayer, dass die von ihm ehrenamtlich angebotenen Meditationen gut angenommen werden. Was erst mit einer Abendmeditation begann, weitete sich dann wenig später zum morgendlichen und abendlichen Fixpunkt aus: „Ich bin ja eigentlich kein Morgenmensch. Aber als ich da im Sommer frühmorgens in den Dom kam und er erfüllt war mit der Morgensonne, wusste ich, dass ich diese Morgenstunde nutzen und den Dom auch für andere um diese Zeit öffnen muss. Dieser Frieden, das Kerzenlicht, die Sonnenstrahlen, die Atmosphäre und die Musik bieten einen schönen Rahmen, um Energie zu tanken und gut in den Tag zu starten“, erzählt Alois Mayer, der frühmorgens aufsteht, damit er um 5.30 Uhr den Dom vorbereiten kann, um den Menschen dieses Angebot zu ermöglichen.
Eine mystische Erfahrung
Jeder, der möchte, kann ohne Voranmeldung zu den angebotenen Terminen der Morgen- oder Abendmeditation hinkommen und seine eigene Erfahrung machen. Es gibt genügend Raum, um sich zurückzuziehen und wer mag, kann am Ende beim gemeinsamen Lied und Gebet mitmachen. Nach der Morgenmeditation gibt es noch die Gelegenheit, auf den Turm zu steigen, um ein weiteres Mal die Perspektive zu wechseln. „Die Meditation ist eine Erfahrung, die einerseits sehr stark ins Individuelle geht, andererseits auch verbindet. Man kann es einfach wirken lassen, alles hat etwas Schönes für sich: Der Raum mit dem Lichtspiel durch die Glasfenster, das Ruhige und Besinnliche, aber auch das Miteinander am Ende. Jeder füllt diese Zeit selbst mit Sinn. Wer nach dem ruhigen Erlebnis direkt in die Arbeit oder den Tag starten möchte, kann es damit beenden. Wer mit auf den Turm gehen will, kann die Gelegenheit nutzen, um die Stadt Linz von oben zu sehen und bis in die Berge zu blicken. Dabei geht es ein weiteres Mal darum, die Dinge einmal von einer anderen Seite anzusehen. Manchmal wiegen ja auch die Probleme des Alltags weniger schwer oder man entdeckt plötzlich einen einfachen (Lösungs-)Weg, wenn man sie von einer anderen Perspektive aus betrachtet“, erklärt Mayer, der heute als Personalreferent bei der Diözese Linz angestellt ist. Meist nehmen zwischen sieben und 40 Personen an der Morgen- bzw. an der Abendmeditation teil. Bei speziellen Veranstaltungen in den letzten Jahren – wie zum Beispiel der „Oase im Advent“ – waren sogar bis zu 300 Leute mit dabei, was für eine ganz besondere Atmosphäre sorgt: „Stille muss man üben. Für viele Menschen sind die 15 Minuten, die wir im Rahmen der Meditation innehalten, schon eine Herausforderung. Da zieht es mir dann schon eine Gänsehaut auf, wenn 300 Leute plötzlich wirklich komplett leise sind. Ich genieße das und nehme selbst so viel Positives aus dieser Zeit mit“, freut er sich über die besonderen Erfahrungen.
Gemeinsam statt einsam
Bei der Morgenmeditation unterstützt ihn neben vielen weiteren Helferinnen und Helfern übrigens Peter – ein passionierter Höhlenforscher – ehrenamtlich als Helfer. Er hilft beim Hin- und Wegräumen des Equipments und steigt mit den Menschen frühmorgens die 395 Stufen auf den Turm. Auch er weiß ungemein viele Geschichten zu erzählen, zum Beispiel, dass die Glocken, an denen man bei der Turmbesteigung vorbeikommt, im Zweiten Weltkrieg zu Rüstungszwecken eingeschmolzen hätten werden sollen. Wenn man sich an der Rückseite der Uhr befindet, erhält man die Info, dass ein Zeiger so groß wie ein erwachsener Mensch ist.
Ins Land einischaun
Mayer erzählt, dass die Menschen bei der Turmbesteigung stets überrascht sind, wie grün die Stadt Linz eigentlich ist und wie viele Pools und Gärten sich auf den Dächern der Hochhäuser verbergen: „Der Blick vom Turm hinab ist ein anderer Weg, die Dinge zu sehen. Sind es von unten aus betrachtet vielleicht dunkle Häuserschluchten, so ist es von oben ganz anders. Da sind es belebte Grünflächen und Dachgärten. Genau das ist auch der Sinn von Gebet, Meditation und Stille – sie eröffnen eine neue Sichtweise“, sagt Meditationsleiter Mayer, der nur jedem ans Herz legt, vor der Arbeit, dem Studium oder einfach als Start in einen guten Tag an einer der 14-tägig stattfindenden Morgenmeditationen teilzunehmen.