„Ein Stück Geschichte fortschreiben“

Erstellt von Lisa Diesenberger | | Geschichten & Personen

Diplom-Restauratorin Susanne Beseler im Portrait:

Diplom-Restauratorin Susanne Beseler bei der Befundung
Fotos: Diözese Linz / Kienberger

Die Mosaike im Mariendom sind einzigartig! „Natürlich gibt es auch in anderen Kirchen schöne Mosaike. Aber in dieser Form und vor allem auch in dieser Fülle kenne ich nichts Vergleichbares“, gibt die Restauratorin bewundernd zu. Derzeit wird die leuchtende Farbenpracht allerdings unter einer dicken Schmutzschicht versteckt, weshalb die erstmalige Reinigung der historischen Wandmosaike im Mariendom nun notwendig wird. In den kommenden Wochen werden Ruß und Staub der letzten 100 Jahre von Beseler auf Basis eines im Vorhinein mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmten Konzeptes entfernt. Begonnen werden die Restaurierungsarbeiten beim Mosaik über dem Jungfrauenaltar. Für die erste Bild sind rund 160 Arbeitsstunden veranschlagt. Hinzu kommt die Arbeitszeit an den Altären und Wänden, die parallel dazu vom Team der Dombauhütte gereinigt werden.

Wunschberuf: Restauratorin

„Als Schulkind musste man in der DDR, wo ich herkomme, jedes Jahr ausfüllen, was man einmal werden möchte. Schon damals habe ich Restauratorin angegeben“, verrät uns Susanne Beseler im Gespräch. Nach der Schule hat sie diesen Gedanken allerdings wieder verworfen und absolvierte stattdessen eine handwerkliche Ausbildung zur Töpferin. Etliche Jahre arbeitete sie als Kunsthandwerkerin, bevor die Mauer fiel und es in diesem Metier immer schwieriger wurde. Durch einen Zufall ist sie später in den Bereich der Denkmalpflege hineingerutscht, als sie kleine Rekonstruktionen im Keramikbereich durchführte. „Dieses Thema fand ich total spannend. Allerdings war mir klar: wenn ich in diesem Bereich weitermache, dann richtig. So beschloss ich mit 27 Jahren, nochmals die Schulbank zu drücken und studierte Konservierung und Restaurierung von Objekten aus Stein sowie Architekturoberfläche an der Fachhochschule in Potsdam“, so Beseler über ihren Werdegang. Durch einen Lehrauftrag an der Universität für angewandte Kunst Wien kam sie schließlich nach Österreich und betreibt hier seit 2008 ein eigenes Planungsbüro. Mittlerweile unterrichtet sie an der Akademie der bildenden Künste Wien und wurde vor ein paar Monaten zur Präsidentin des Berufsverbands der österreichischen Restauratorinnen und Restauratoren gewählt.

Die Anamnese des Mariendoms

„Fälschlicherweise wird oft angenommen, dass der Beruf der Restauratorin beziehungsweise des Restaurators ein Handwerksberuf ist. Eigentlich sind wir aber Akademikerinnen und Akademiker. Unsere Kompetenz liegt darin, die Objekte zu untersuchen und basierend auf diesem Befund ein Konzept zu entwickeln. Wie Medizinerinnen und Mediziner nehmen auch wir Anamnesen auf – mit dem Unterschied, dass uns das Objekt nichts von den Hintergründen erzählen kann. Diese müssen wir selbst recherchieren!“, berichtet Beseler.

„Das Aufregendste an meinem Beruf ist es, Geschichte zu erzählen und fortzuschreiben. Als Restauratorinnen und Restauratoren kommen wir zu Objekten, die bereits eine zum Teil sehr lange Vergangenheit aufweisen. Durch unser Eingreifen werden wir Teil davon und setzen die Geschichte fort“, beschreibt die Diplom-Restauratorin das Besondere an ihrem Beruf.

Kirchenmusik bei der Arbeit

Während der Restaurierungsarbeiten im Mariendom wird die Wahl-Wienerin nicht immer vor Ort sein und selbst am Gerüst stehen. Was sie bedaure, denn „ab und zu kommt es vor, dass ich bei der Arbeit den wundervollen Klängen der Orgel lauschen kann. Wenn jemand übt, wird die Musik durch die gute Akustik im Dom bis zu uns in den Kapellenkranz getragen!“

Technische und ästhetische Perfektion

Generell hat es ihr der Mariendom mit seiner imposanten Bauweise angetan: „Besonders reizvoll finde ich die Mächtigkeit der eigentlichen Architektur. Das Zusammenspiel aus den wunderschönen, gut durchdachten Details und der Wucht der riesigen Säulen ist sehr beeindruckend. Vor allem die Mosaike stechen mit ihrer anmutigen Darstellung und technischen Brillanz hervor. Dass damals auf einem ganz hohen Niveau gearbeitet wurde, zeigt sich durch die wenigen echten Mängel und Schäden. Das macht die Restaurierung für uns zu etwas ganz Besonderem!“

 

Tipp an die Besucherinnen und Besucher des Mariendoms: Susanne Beseler empfiehlt, auch die weiteren Mosaike einmal näher zu betrachten, sobald die erste Kapelle fertig ist. Dann könne man an den ungereinigten Flächen bereits erahnen, welche Schönheit darunter schlummert.

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